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„Wir leben unbedingte Wertschätzung, Empathie und Echtheit!“

„Wir leben unbedingte Wertschätzung, Empathie und Echtheit!“

Die Pflege und Betreuung in den REGIOMED Seniorenzentren und Wohnhäusern geht seit kurzer Zeit neue Wege. Der Slogan wird zum zentralen Anliegen, das in allen Bereichen gelebt werden soll. Der Beginn neuer Pflegeorganisationsformen, die Zeit wieder spürbar werden lässt, steht bevor: Dabei werden im Mittelpunkt der Arbeit die Beziehungen aller beteiligter Personen stehen, wie das Führungstandem Heidrun Berger und Rüdiger Bauer im Interview mit David Schmitt, Leiter der Unternehmenskommunikation, erklären.

David Schmitt: Frau Berger und Herr Bauer, Sie sind jetzt seit fast einem Jahr für die Seniorenzentren und Wohnhäuser der REGIOMED-Kliniken zuständig. Wie sehen Sie die bisherige Entwicklung?

Berger: Wir beide, Herr Bauer und ich, haben gemeinsam schon mehrere Einrichtungen der Altenhilfe aufgebaut. Herr Bauer hat zudem Erfahrungen mit der Entwicklung von psychiatrischen Einrichtungen. Beide haben wir es uns angewöhnt, erst nach einer klaren Analyse Konzepte zur Entwicklung zu erstellen. Die Analyse brachte das Ergebnis hervor, dass es in allen Einrichtungen an klaren und vor allem verantwortlichen Führungsstrukturen mangelt. Wir haben in allen Einrichtungen auch schon diese Führungsstrukturen verändert: Jede Einrichtung hat nun einen eigenen, voll verantwortlichen Einrichtungsleiter, wobei wir kleinere Einrichtungen unter einer Leitung zusammengefasst haben.

Bauer: Wir werden auch als duale Leitung bezeichnet – das heißt, dass Frau Berger ihren Schwerpunkt in der Wirtschaftlichkeit legt und ich meinen Schwerpunkt in der inhaltlichen Ausrichtung von Pflege und Betreuung habe. Die Begriffe Pflege und Betreuung sind in unserem Verständnis sehr weit gefasst: Sie betreffen vor allem Zuwendung zwischen Menschen. Dies betrifft aber nicht nur die Ebene Mitarbeiter und Bewohner. Sie betrifft auch die Ebene der Führung. Dies mag verwunderlich klingen, aber auch Führungskräfte brauchen Zuwendung. Diese bekommen sie von uns mit Transparenz, Offenheit, Integrität und Strukturen. Monatliche Leitungsbesprechungen mit allen Einrichtungsleitungen und Pflegedienstleitungen, in denen in großer Offenheit alle Dinge auf den Tisch kommen, sind selbstverständlich. Darüber hinaus gibt es eine monatliche Strategiesitzung mit den Einrichtungsleitungen, in denen wir weit in die Zukunft denken. Wir fragen uns zum Beispiel, welche Art von Pflege und Betreuung die Menschen brauchen, die in zehn Jahren in unsere Einrichtungen kommen werden und entwerfen Konzepte, wie wir die Mitarbeiter, aber auch uns selbst dorthin entwickeln können.

David Schmitt: Sie haben den Begriff der Integrität benutzt. Können Sie erklären, was Sie genau damit meinen?

Bauer: Für mich bedeutet Integrität, dass wir als Führungskräfte auch genau das tun, was wir auch sagen.

Berger: Das möchte ich noch ein wenig erläutern und ausführen: Wenn wir sagen, wir werden die Einrichtungen mit neuen Betten und Pflegehilfsmitteln ausstatten, dann müssen wir das auch tun – auch wenn die Zeiten wirtschaftlich schwierig sind. Oder, wenn wir sagen, dass wir alle geplanten Stellen besetzen werden, dann müssen wir auch da zu unserem Wort stehen. Integrität der Führung wird zum Vertrauen der Mitarbeiter!

David Schmitt: Sie denken mit ihren Einrichtungsleitungen darüber nach welche Pflege und Betreuung die Menschen brauchen, die in zehn Jahren in die Einrichtungen kommen werden. Wie könnte man sich das konkret vorstellen?

Bauer: Wir wollen weg vom Versorgungscharakter hin zu einem Wohncharakter in den Einrichtungen. Das erfordert ein Umdenken bei uns als Mitarbeitern, das wir mit neuen Organisationsstrukturen unterstützen können. Wir brauchen aber auch ein verändertes Denken in unseren Köpfen: Als erstes müssen Begriffe wie „Station“ oder der „Wohnbereich“ verschwinden. Es muss klar werden, dass wir jeden Tag die Wohnung eines Menschen betreten, in der dieser in seiner Häuslichkeit lebt. Er kann in die Gemeinschaft gehen, aber sich auch in seine Privatheit zurückziehen. Bewohner geben den Takt der Tätigkeiten der Pflegenden vor und nicht die Organisation. Dabei hilft uns das Konzept der Kultur Kongruenter Beziehungen (KKB), das ich vor einiger Zeit entwickelt und darüber mehrfach publiziert habe und das in Einrichtungen der Altenhilfe und der Psychiatrie in Deutschland, Österreich und Slowenien mit großem Erfolg umgesetzt wird.

Berger: Wir beide haben langjährige Erfahrungen mit der KKB, was sowohl ihre Einführung als auch die Wirkungen betrifft. Sie ist eigentlich ein umfassender Personal- und Organisationsentwicklungsprozess, der schon einige Zeit dauern kann. Am Ende aber stehen hohe Arbeitszufriedenheit, geringere Ausfallzeiten, hohe Bewohnerzufriedenheit, mehr zwischenmenschliche Dynamik, weniger Gaben von Psychopharmaka und viele andere positive Wirkungen. Herr Bauer hat ab Januar mit den entsprechenden Grundschulungen der Mitarbeiter begonnen, aber dann kam die Pandemie. Seit September gehen die geplanten Schulungen, natürlich unter Einhaltung aller Hygieneregeln weiter. Es ist ein anderer Weg, den wir gehen und wir wollen viele einladen, diesen Weg gemeinsam mit uns zu gehen. Wir wollen es gemeinsam mit den Mitarbeitern erreichen, dass Arbeit nicht nur als Broterwerb gesehen wird, sondern Arbeit kann ein Ort der persönlichen Weiterentwicklung werden und nur gemeinsam können wir über uns hinauswachsen. Deshalb haben wir auch eine neue Stellenausschreibung mit unserem Personalmarketing kreiert, die sowohl Eye-Catcher ist, als auch ein Hinweis auf die neue Kultur, die mit dem Slogan „Wir sind anders, wir leben unbedingte Wertschätzung, Empathie und Echtheit“ geschaffen werden soll.

David Schmitt: Sie erwähnen die Anwendung der KKB in anderen europäischen Ländern. Ist das Ganze dann ein internationales Projekt?

Bauer: Ja, man könnte das tatsächlich so ausdrücken. Es gibt auch einen regen Austausch zwischen den Einrichtungen, die nach der KKB arbeiten. Auch wir planen, dass Mitarbeiter von uns von den Erfahrungen der anderen Einrichtungen profitieren und es wird untereinander Austauschprogramme geben. Es gibt ja mehrere internationale Projekte bei REGIOMED – Stichwort Medical School – und die KKB ist dann der internationale Beitrag von den Seniorenzentren und Wohnhäusern. Im Übrigen möchte ich mit dem Stichwort Wohnhäuser bemerken, dass diese in der Entwicklung der KKB schon sehr weit sind und die Bewohner extrem gut darauf reagieren. Aber nicht nur die Bewohner reagieren gut. Wir bekommen aktuell sehr viele Bewerbungen von extern, die von der KKB in den Wohnhäusern gehört haben und dort arbeiten wollen.

David Schmitt: Das sind hochgesteckte Ziel, aber: Ist das größte Problem bei solchen Vorhaben nicht die Umsetzung in der Praxis? Wie wollen Sie das bewerkstelligen?

Bauer: Der Dreh- und Angelpunkt der Umsetzung liegt bei einer Führungsebene, die oft vergessen wird: Das ist die Ebene der Wohnbereichsleitungen. Diese Ebene wollen wir in der Zukunft klar stärken. Oftmals sitzen diese Führungskräfte zwischen allen Stühlen und werden zwischen den Bedürfnissen der Mitarbeiter sowie den Anforderungen der Pflegedienstleitung und der Einrichtungsleitung zerrieben. Wir wollen die Wohnbereichsleitungen in das Führungsteam integrieren. Wir haben schon mit entsprechenden Leitungscoachings in den Einrichtungen begonnen und am 4. November 2020 geht es richtig los. An diesem Tag wird eine Tagung mit allen REGIOMED-Wohnbereichsleitungen durchgeführt. Dies ist die Auftaktveranstaltung für eine weitere Reihe von Entwicklungsmaßnahmen für diese Führungskräfte. Es wird ein Fortbildungs- und Entwicklungsprogramm entstehen, das wiederrum einen Beitrag für eine andere, neuere und modernere Pflege und Betreuung für die Zukunft entwickeln kann.

David Schmitt: Sie kommen wieder auf die Zukunft zu sprechen. Gibt es noch andere Projekte, die in der Zukunft geplant sind?

Berger: Ja, da ist einiges in der Planung: Wir wollen Projekte vorantreiben, die sich an den sogenannten Quartiershäusern der fünften Generation der KDA (Kuratorium Deutsche Altershilfe) orientieren. Die Schwerpunkte in der „fünften Generation“ sind Privatheit, Gemeinschaft, Öffentlichkeit und Selbstbestimmtheit. Ein konkretes Projekt befindet sich schon am Standort Schleusingen in Planung, wo eineinhalb Etagen zu Wohngemeinschaften umgebaut werden und Einraum- sowie Zweiraumwohnungen angeboten werden. Die entstehenden Einheiten sind dann keine stationären Einrichtungen und auch nicht das Konzept des betreuten Wohnens, sondern: Die pflegerischen Leistungen werden ambulant erbracht, aber es ist trotzdem immer eine Betreuung vor Ort, die Beschäftigung anbietet und mit den Bewohnern der Wohnungen in einer Gemeinschaftsküche kocht. Jeder Bewohner kann aber auch für sich selbst in seiner eigenen Wohnung kochen und sich selbst versorgen, soweit es noch möglich ist. Dieses Konzept könnte sich dann in der Zukunft weiterentwickeln, um irgendwann so weit zu sein, dass wir auch die „Baby-Boomer-Generation“ erreichen. Das sind die geburtenstärksten Jahrgänge zwischen 1955 und 1964 – auf diese Generation bereiten wir uns vor. Da sich jedoch dazu auch die Mitarbeiter verändern müssen und Veränderungsprozesse lange dauern, beginnen wir mit diesem Model, um noch optimalere Lösungen für die „Baby-Boomer“ entwickeln zu können. Dieses Konzept wollen wir außerdem auch im Ersatzneubau für das Seniorenzentrum „Am Eckardtsberg“ an der „Alten Post“ in Coburg anwenden sowie gleichzeitig eine Quartiersentwicklung im Zuge der Sanierung der Gebäude hinter dem Lohgraben durch die Wohnbau Stadt Coburg vornehmen.

Bauer: Auch für das Wohnhaus in Lindenau planen wir ein ähnliches Projekt. Es gibt dort neben dem bereits bestehenden Wohnhaus zwei schöne alte Häuser, die derzeit ungenutzt sind. Dort wollen wir ebenso Wohnungen und Wohngemeinschaften entstehen lassen und das reichlich vorhandene umliegende Gelände für eine Bio-Gärtnerei nutzen. Die Bewohner werden dort ebenfalls, ganz im Sinne des neuen Bundesteilhabegesetzes, ambulant psychiatrisch versorgt und können, wenn sie dies wollen, in der Biogärtnerei arbeiten.

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